Transidentität, Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie
Transidentität ist keine psychische Störung, sondern beschreibt eine vom biologischen Geschlecht abweichende Geschlechtsidentität, in der Regel mit gegengeschlechtlichem („trans“) Empfinden. Die Begriffe Geschlechtsinkongruenz bzw. Genderinkongruenz schließen auch sog. non-binäres oder diverses Geschlechtsempfinden mit ein. Das bedeutet, dass sich die Betroffenen weder eindeutig dem männlichen noch weiblichen Geschlechtsempfinden zugehörig empfinden.
Kennzeichen der Genderinkongruenz ist eine anhaltende und ausgeprägte Inkongruenz, also ein starkes Missempfinden, zwischen dem zugewiesenen, biologischen Geschlecht einer Person und dem von der Person empfundenen Geschlecht. Häufig ist dieses Gefühl verbunden mit dem Wunsch nach „Transition“, also Anpassung des eigenen Lebens (über Kleidung, Name, Erscheinungsbild) und auch des Körpers (z.B. durch Hormone und/oder Operationen), um als Person des empfundenen Geschlechts leben zu können.
Der Begriff Geschlechtsdysphorie bezeichnet das aus einer Geschlechtsinkongruenz resultierende Leid, welches bei Betroffenen beträchtliche Ausmaße annehmen kann und zu Folgeerkrankungen wie Ängsten, Depression, Essstörungen und weiteren psychischen Auffälligkeiten bis hin zu Selbstmordgedanken führen kann.
Der weiterhin in der Medizin durch die internationale Klassifikation der Krankheiten ICD-10 festgeschriebene Begriff „Transsexualität“ wird im Alltag aus verschiedenen (diskriminierenden) Gründen in der Regel kaum mehr verwendet. Er wird in der zukünftigen Version ICD-11 nicht mehr zu finden sein und durch den Begriff „Genderinkongruenz“ ersetzt werden.
In einem ausführlichen und längerfristigen diagnostischen Prozess machen wir uns ein ausführliches Bild von der individuellen Situation Ihres Kindes und versuchen, mit Ihnen allen die Ausprägung und die Konstanz des geschlechtsinkongruenten Empfindens zu klären. Wir klären über verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und auch deren rechtliche Rahmenbedingungen auf. Unserer Erfahrung nach beschäftigen insbesondere bei dieser Thematik die Eltern oft andere Fragen als die betroffenen Kinder und Jugendlichen – zögern Sie nicht, uns alle Fragen zu stellen, die Sie beschäftigen.
Therapie
Die Behandlung der Geschlechtsinkongruenz ist höchst individuell. Eine Akzeptanz des geschlechtsinkongruenten Empfindens durch die Behandler und das Umfeld ist oft der erste Schritt für eine Entlastung der Betroffenen. Eine soziale Erprobung der gewünschten Geschlechterrolle im Alltag kann Erleichterung verschaffen, für manche aber auch belastend sein. Welcher Behandlungsplan für Sie geeignet ist, wird immer an die individuelle Lebens- und Entwicklungssituation des Patienten angepasst.
Innerhalb des psychiatrischen Behandlungsfeldes hat die Geschlechtsdysphorie eine Sonderstellung dadurch, dass sowohl diagnostisch als auch therapeutisch, vor allem bei starkem Wunsch nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen, das Hinzuziehen anderer (ärztlicher) Fachrichtungen sinnvoll oder gar notwendig sein kann:
Psychotherapie
ber die psychiatrische Behandlung hinaus kann insbesondere bei hohem Leidensdruck eine regelmäßige ambulante Psychotherapie den Leidensdruck lindern, z.B. durch Förderung der Selbstakzeptanz, Hilfe bei der Bewältigung negativer Gefühle, Unterstützung bei der Identitätsentwicklung, Reflexion von Erfahrungen in einer anderen Geschlechterrolle, Unterstützung beim Coming-Out-Prozess, bei familiären Problemen u.v.m.
weitere Fachdisziplinen
Das Behandlungsteam ist mit entsprechenden Fachgruppen vernetzt, um entsprechende Behandlungsschritte zu koordinieren.
Dazu zählen:
- Endokrinologie
- Gynäkologie
- HNO/Phoniatrie und Logopädie
- Dermatologie
- Chirurgie